Montag, 25. Dezember 2017

Hast Du schon Dein "Wort des Jahres" für 2018?

Wenn das mit den guten Vorsätzen nicht so klappt...

Wir nähern uns mit großen Schritten dem Jahresende. Da machen sich viele von uns Gedanken, wie das neue Jahr so werden wird oder werden soll. Es gibt mittlerweile viele Tipps dazu, wie man seine Guten Vorsätze formulieren soll, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, diese auch länger als zwei Tage durchzuhalten. Vielen ist das viel zu kompliziert oder sie haben in der Vergangenheit keinen Erfolg mit der Umsetzung ihrer Vorsätze gehabt und probieren es gar nicht erst. Wenn Du dazu gehörst, dann ist diese "Light"-Variante" vielleicht etwas für Dich.

Seit einigen Jahren stolpere ich im Netz immer öfter über das "Wort des Jahres", das man sich für das kommende Jahr überlegt. Es soll in einem einfachen Ausdruck oder Begriff kurz und griffig darstellen, wofür das nächste Jahr steht. Zum Beispiel Wörter wie Wachstum oder Fitness, Gelassenheit oder Mut.
Hierzu muss man sich - genau wie bei den Vorsätzen - zwar auch Gedanken machen, was man sich für das nächste Jahr wünscht, aber es ist mehr ein allgemeines Gefühl, Gedanke, Ziel oder ein bestimmter persönlicher Wert, der einen erinnern soll, worum es einem persönlich geht. Wenn dann im Alltag wieder tausend Dinge auf einen einprasseln, kann ein Motto des Jahres einen wieder zurück besinnen, was man eigentlich wollte. 

Gar nicht so einfach.

Ich dachte mir, dass ich es auch mal probiere. Kann ja nicht so schwer sein. Außer man macht es sich schwer - so wie ich.
Der erste Begriff war schnell gefunden: Da ich zum Jahreswechsel nicht nur meine Arbeitsstelle gewechselt habe sondern auch inhaltlich eine völlig neue Richtung einschlagen werde, ist 2018 eine Art Neustart für mich. Das Wort fühlte sich erst richtig gut an. Dann fiel mir aber auf, dass sich im August meine zunächst neue Lebenssituation nicht mehr ganz so neu anfühlen wird und das Wort dann vielleicht nicht bis zum Jahresende passen wird. Also musste ein anderes her. Und mal ganz ehrlich, fühlt sich Silvester nicht immer wie ein Neustart ein? Manchmal lohnt es sich, vielleicht etwas länger darüber nachzudenken.

Meine intensive Beschäftigung mit dem Thema Minimalismus hat mich erstmal auf den Begriff "Vereinfachen" oder "Einfachheit" geführt. Das ist zwar eine Einstellung, die ich in 2018 definitiv pflegen möchte. Aber der Begriff umfasst für mich nicht alles, wofür 2018 für mich stehen soll. Es ist nur ein Teilaspekt davon. 

Da ich im Januar eine neue Ausbildung beginnen werde und in einem mir größtenteils unbekannten Fachgebiet quasi wieder bei Null anfangen werde, wurde "Vereinfachen" durch das Wort "Lernen" verdrängt. Das passt. Lernen muss sich ja nicht nur auf die Ausbildung selbst beziehen sondern kann auch auf andere Lebensbereiche übertragen werden. Als noch relativ frisch gebackenes Ehepaar werden wir sicherlich auch lernen müssen, mit diesen neuen Rollen unseren Alltag konstruktiv zu gestalten. Auch wenn wir schon viele Jahre zusammen leben, ist es in manchen Bereichen doch anders, zukünftig im höheren Maß gemeinsame Entscheidungen treffen zu wollen. Durch meine Ausbildung werden wir auch übergangsweise lernen müssen uns auf eine veränderte finanzielle Situation einzustellen. Auch in meinen Hobbies möchte ich mich weiterentwickeln - sei es Fotografie, Zeichnen oder Handarbeit.  Das Wort soll mich in 2018 auch daran erinnern, dass ich die nötige Demut mitbringen muss. Man lernt nicht, wenn man glaubt schon alles zu wissen. Nach acht Jahren Berufserfahrung in meinem bisherigen Tätigkeitsfeld hat man sich ein gewisses Expertenwissen angeeignet. Da ich in der Beratung und Erwachsenenbildung tätig war, bin ich es gewohnt, dass meine Expertise gefragt wird. Das wird sich erstmal ändern. Das Wort des Jahres "Lernen" passt also. Dachte ich.

Irgendetwas fehlt. Nämlich der Teil des Begriffs, der verhindern soll, dass ich dieses Jahr wieder an meine gesundheitlichen, zeitlichen und energetischen Grenzen gehe, um alles unter einen Hut zu bringen. Zum Teil von außen gefordert - zum Teil durch meine eigenen perfektionistischen Erwartungen ausgelöst. Also doch lieber das Wort Einfachheit? Minimalismus? Außerdem, wie soll ich lernen, wenn mein Kopf überfüllt ist mit Reizen und Anforderungen von allen Seiten. Wie heißt es so schön, man kann keine vollen Gläser füllen. Also wie leere ich mein Glas, damit wieder etwas Neues reinpassen kann?

Wenn man nicht drüber nachdenkt.

Durch Abbau von angesammelten Überstunden und meinem Resturlaub bin ich in den Genuss gekommen, mir fast den ganzen Dezember frei nehmen zu können. Endlich konnte ich wieder zur Ruhe kommen. Austreten aus dem sich immer schneller drehendem Karussell. Irgendwann hatte ich den Gedanken, dass es so gut tut, wieder inneren Frieden zu fühlen. Mit den Entscheidungen, die ich getroffen habe und den endlich anstehenden Veränderungen, die ich schon ewig herbei gesehnt habe. Dieses Gefühl, wenn eine riesige Last von meinen Schultern fällt und ich wieder klar denken, wieder atmen und wieder richtig schlafen kann. 
Das ist es. Dieses Gefühl will ich für 2018 beibehalten. Meinen Inneren Frieden. Mit mir selbst - mit anderen - mit der Situation, in der ich sein werde, und mit allen Anforderungen und Herausforderungen, denen ich mich stellen muss. 

Doch wie komme ich da hin? Um inneren Frieden erlangen zu können, muss ich auf der einen Seite Platz schaffen: Durch reduzieren oder "vereinfachen". Fühlt sich ein wenig wie Verlust oder Verzicht an. Aber nur, wenn man den neu gewonnenen Raum nicht mit Sinn füllt: Vielleicht mit "lernen"? Also kann ich meine beiden verworfenen Begriffe doch noch "recyceln".

Somit repräsentiert mein Wort des Jahres 2018 "innerer Frieden" genau die zwei Aspekte, die ich angehen will. Im privaten Bereich mehr zu fokussieren, Prioritäten zu setzen und zu minimieren ("Vereinfachen") um wieder Zeit und Energie zu haben, für das, was mir wirklich wichtig ist. 
Der zweite Aspekt umfast meinen beruflichen sowie persönlichen Bereich. Ich möchte wachsen und mich entwickeln durch die Bereitschaft Bestehendes zu hinterfragen, zu reflektieren und aktiv zu "lernen". Damit möchte ich meinen neu geschaffenen Raum wieder füllen.

Was ist Dein Wort für 2018?

Ich wünsche Dir viel Erfolg und viele gute Erkenntnisse bei Deiner Suche!

Dienstag, 19. Dezember 2017

KonMari - gibt's da auch was von ratiopharm? - Teil 4

Es geht auch anders - alternative Methoden



Neben der bereits ausführlich vorgestellten KonMari-Methode gibt es auch andere Möglichkeiten, seinen Besitzt unter die Lupe zu nehmen und ggf. zu entrümpeln. Ich möchte hier einige vorstellen. 
Wenn man sich mit Minimalismus beschäftigt, stößt man irgendwann auf Joshua Fields Millburn und Ryan Nicodemus, die beiden Begründer von theminimalists. Sie haben zwei Methoden vorgestellt, nach denen man vorgehen kann.

The minimalist game 

Bei diesem "Spiel" sortiert man jeden Tag über einen Monat lang aus. Am ersten Tag sortiert man einen Gegenstand aus. Am zweiten Tag zwei Dinge. Am dritten Tag drei usw. Am Ende eines Monats kommt man dann angeblich (habe es nicht nachgerechnet) auf 496 ausgemistete Gegenstände! Der Vorteil ist, dass man sich nach und nach steigert und mit zunehmender Übung auch für den zunehmenden Schwierigkeitsgrad gewappnet ist.
Im Gegensatz zur KonMari-Methode muss man auch nicht seinen gesamten Hausstand auf den Kopf stellen. Ich habe diese Methode nicht ausprobiert, weil ich es nicht schaffen würde, jeden Tag konsequent meine Sachen durchzugehen. Ich brauche dazu die nötige Ruhe und Motivation. Die habe ich nicht nach einem langen Arbeitstag. Auch wenn man beruflich unterwegs ist, müsste man dann nach mehreren Tagen statt z.B. 20 Gegenstände gleich 63 Teile finden, von denen man sich trennen soll. Man benötigt also die Disziplin, das Vorhaben auch einen Monat lang täglich durchzuhalten. Wobei ich es jetzt auch nicht schlimm fände, wenn man mal einen Tag ausfallen lässt. Solange daraus nicht zwei oder drei Tage werden.

The packing party

Diese Methode von den Minimalists ist die radikalste Methode. Aber vielleicht auch die effektivste. Hier packt man alles, was man besitzt, wie bei einem Umzug in Umzugskartons. Man kann daraus eine kleine "Party" machen, indem man sich von seinen Freunden dabei helfen lässt. Dann nimmt man für ein oder zwei Monate immer nur die Gegenstände aus den Kartons raus, die man tatsächlich benötigt. Nach einem gewissen Zeitraum trennt man sich von den nicht ausgepackten Sachen.
Ich finde die Methode sehr praktisch, wenn man wirklich umzieht. Ansonsten wäre sie mir persönlich viel zu aufwändig. Und wenn ich ehrlich bin, fehlt mir dazu der Mut. Was ist zum Beispiel mit saisonal genutzten Gegenständen wie Winter-/Sommerkleidung, Weihnachtsbaumschmuck. Ich möchte nicht ein Jahr lang über Kartons in der Wohnung klettern. Ich kann mir aber vorstellen, dass man das für bestimmte Kategorien ausprobiert. Dass man zum Beispiel nur seine Kleidung verpackt (kann dann ja in den Keller) und man sich nur das holt, was man braucht. Man könnte ja nach Winter- und Sommersachen trennen. Dann weiß man wirklich, was man in einer Saison nicht getragen hat. Oder mit meinen ganzen Tupper-Sachen. Vielleicht sollte ich dieser Methode doch noch eine Chance geben.

Die Kleiderbügel-Methode

Von dieser Methode haben bestimmt schon die meisten gehört. Man hängt seine Kleidung auf Kleiderbügel und zwar alle Bügel in der selben Richtung auf. Wenn man etwas trägt, hängt man den Kleiderbügel nach dem Waschen in die andere Richtung. So kann man nach einigen Wochen sehr schön sehen, was man tatsächlich getragen hat. Auch hier müsste man dies über alle vier Jahreszeiten ausprobieren und immer nur die jeweilige Kategorie aussortieren. 
Jetzt ist Kreativität gefragt. Wie kann ich andere Gegenstände im Haus so markieren, dass ich weiß, was ich benutzt habe und was nicht. Gläser auf den Kopf stellen oder das frisch genutzte immer nach vorne oder nach ganz links stellen? Kann auch Spaß machen, hier neue Wege der Visualisierung zu finden. Insgesamt finde ich aber, dass dies mehr eine ergänzende Methode ist, neben anderen Methoden. Denn auch hier muss man mal irgendwann die Sachen durchgehen und entscheiden, was man damit macht. Aber als zusätzliche Entscheidungshilfe (man kann sich dann schlechter selbst belügen, dass man es doch erst kürzlich benutzt hat) durchaus hilfreich. 
Bei Kleidung habe ich es etwas anders gemacht, ich bin da wohl zu zwanghaft und mag es nicht, wenn nicht alles in der richtigen Richtung aufgehängt ist. Ich habe je nach Kategorie (Blusen, Blazer) die zuletzt getragenen Sachen immer nach vorne (links) gehängt. Je weiter rechts ein Teil hängt, desto länger ist es her, dass ich es angezogen habe. Bei gestapelter Kleidung ist ja auch das genutzte immer oben.

Die "Four Box"- Methode

Hierzu benötigt man nur vier Kartons oder Behälter, die man mit folgenden Kategorien beschriftet: einräumen (put away), spenden (give away), wegwerfen oder recyclen (throw away) und "?" oder unentschieden (undecided). Vielleicht findet Ihr bessere Übersetzungen ins Deutsche.
Wenn Dinge rumliegen oder Ihr einen Bereich ausmisten möchtet, sortiert Ihr die Dinge in eine der vier Behälter. Die Box "unentschieden" ist gleichzeitig eine Chance als auch eine Gefahr. Sie kann helfen, dass man bei Teilen, bei denen man sich unsicher ist, nicht hängen bleibt und man mit anderen Gegenständen weiter macht. Gleichzeitig sollte diese Kategorie aber nur sparsam eingesetzt werden. Sonst bleibt man stecken und gibt auf. 
Mir persönlich gefällt der Gedanke der vier rumstehenden Behälter nicht so gut. Ich habe nur eine Tasche im Schlafzimmer, da kommt alles rein, was in die Altkleidersammlung soll, sobald ich merke, dass ich etwas nicht mehr trage. Was ich behalte, wird sofort eingeräumt. Ich will ja gerade verhindern, dass sich Stapel in der Wohnung bilden. Aber jedem das Seine. Wem dieses Vorgehen hilft, nur zu!

The One Method

Dies ist die einfachste Methode. Da gibt es keine Ausreden mehr. Hier wird jeden Tag ein Teil aussortiert. Entweder ein Gegenstand oder auch eine Tasche, ein Karton oder eine Kategorie. Ganz so wie man Lust hat. Der Vorteil ist, dass man somit eher eine Gewohnheit entwickelt, mit offenen Augen durch die Wohnung zu gehen und man dafür sensibilisiert wird, was man nicht mehr benötigt. Dazu muss man aber erstmal diese Methode eine länge Zeit durchhalten. 
Ich habe es am Anfang mit dieser Methode versucht. Mir hat hier das Erfolgserlebnis gefehlt, weil man nicht gleich einen Vorher-Nachher-Vergleich hat, der mir oft den nötigen Schwung gegeben hat, mit dem Ausmisten weiter zu machen. Denn es macht zwar Spaß aber es kostet auch Zeit und körperliche aber vor allem auch mentale Energie. Da brauche ich persönlich hin und wieder ein Erfolgserlebnis. Deshalb bin ich dann wieder zur KonMari-Methode übergegangen. Was mich natürlich nicht davon abhält, zwischendurch immer mal mit offenen Augen durch die Wohnung zu gehen und immer mal das eine oder andere Teil auszusortieren.

Eine gibt es noch...

Es gibt ein neues Buch, das aber noch nicht auf Englisch erschienen ist. Und solange ich es noch nicht gelesen habe, möchte ich dazu auch nicht so viel schreiben. Die Methode heißt "Swedish Death-Cleaning" nach dem Buch "The Gentle Art of Swedish Dearh Cleaning" von Margareta Magnusson. Klingt ertmal morbid aber dahinter steckt ein sehr interessanter Aspekt des Entrümpelns. Diese Methode ist vor allem für Menschen in einem späteren Lebensabschnitt interessant. Hier stellen sich solche Fragen wie "Was möchte ich hinterlassen?" Man versetzt sich in die Hinterbliebenen. Hinterlässt man nur Berge von unnützen Dingen und überlässt die undankbare Aufgabe des Ausmistens und Wegwerfens seinen trauernden Familienangehörigen und Freunden, oder überlegt man sich vorher, was man eigentlich hinterlassen möchte. 
Ich bin zum Glück noch nicht mit dieser Aufgabe konfrontiert worden. Aber ich habe meinem Vater bei meinem letzten Besuch ausdrücklich gedankt, dass er regelmäßig den Keller und Dachboden ausmistet und dass meine Geschwister und ich nicht irgendwann vor der Aufgabe stehen, einen völlig zugestellten oder zugemüllten Keller, Dachboden oder Speicher entrümpeln zu müssen. Dazu aber vielleicht mehr, wenn das Buch erscheint. 
Die Fragen aus dieser Methode oder Fragestellung sind aber durchaus eine Ergänzung, die man in jedem Alter im Hinterkopf haben kann.

Fazit

Im Großen und Ganzen kann man also sagen, dass sich viele Methoden sehr gut kombinieren lassen. Einfachere Methoden können auch erstmal ein Anfang sein, zu schauen, wie sich das anfühlt und sich dann als Appetitanreger für die anderen Methoden herausstellen. Probiert es einfach aus. Es ist bestimmt für jeden was dabei.



Zur Info: Einige Methoden habe ich in einem Youtube-Video von "Break the twitch" gefunden. In seinem Kanal gibt es nützliche Tipps zum Thema Minimalismus.

Montag, 18. Dezember 2017

Minimalismus und KonMari - wann ist man fertig? - Teil 3

Wann bin ich eigentlich Minimalist?

Neben meinen eigenen Erfahrungen beim stetigen Ausmisten oder "minimalisieren" folge ich auch einigen Youtube-Kanälen zum Thema Minimalismus. Hier beschreiben die Youtuber ihre eigenen Erfahrungen auf ihrem Weg zum Minimalismus und in den Kommentaren entstehen manchmal sehr interessante Diskussionen. 
Sehr bedenklich finde ich es aber, wenn sich die Leute darüber streiten, ab wann man ein Minimalist oder eine Minimalistin ist. "Du hast ja noch so viele Sachen, Du bist kein Minimalist!" Mittlerweile traut sich fast niemand mehr, sich als Minimalist zu bezeichnen. Ich finde das sehr schade. 

Minimalismus messe ich nicht an der reinen Anzahl von Dingen. Minimalismus steht für mich für eine mentale Einstellung, beispielsweise zu seiner persönlichen Beziehung zu Gegenständen, zum eigenen Konsumverhalten, zum eigenen Umgang mit Zeit oder zum Thema nachhaltiger Umgang mit unseren Rohstoffen. Viele Minimalisten entscheiden sich für eine vegane Ernährung - andere nicht. 

Ich finde, jeder muss für sich seine eigene Grenze finden, mit der er glücklich und zufrieden ist. 
Gerade die sog. Minimalisten, die sich fast obsessiv damit beschäftigen, wie viele Teile sie besitzen, haben das Prinzip meiner Meinung nach nicht verstanden. 
Es geht für mich eher darum, dass Dinge oder Materielles nicht mehr so einen Raum in meinem Leben einnehmen. Dass ich mich nicht mehr damit identifiziere, was ich tolles oder teures besitze. Und schon gar nicht darüber, wie wenig ich besitze. 
Ich möchte unnötige Dinge aus meinem Leben entfernen, die Platz (und Miete) verschwenden und die mich Zeit für ihre Pflege kosten oder die mich durch ihre pure Anwesenheit ablenken. Durch einen für mich angemessenen Minimalismus möchte ich mir mehr Zeit und Energie verschaffen für die wichtigen Dinge im Leben. Weniger Putzen, Aufräumen und Entscheidungen treffen - mehr Geld, Energie und Zeit für Menschen oder Hobbies. 

Wann ist man fertig mit Ausmisten?

Das ist dann auch meine Grenze zum Entrümpeln und Reduzieren. Dann, wenn ich anfangen würde, Dinge aus meinem Leben zu verbannen, nur um zum Beispiel unter 100 Gegenstände zu kommen, damit ich mich einen "richtigen Minimalisten" nennen darf, obwohl mir diese Dinge eigentlich Freude bereiten oder mein Leben bereichern.

Jeder muss für sich seine persönliche Grenze finden. Wenn jemand den Lebenstraum besitzt, so wenig zu besitzen, dass alles in einen Rucksack passt, damit er oder sie jederzeit die Welt bereisen kann, dann ist das die persönliche Grenze dieser Person. Wenn jemand aber zum Beispiel Künstler oder Handwerker ist (egal ob Beruf oder Hobby), dann erhöht die Anzahl der dafür benötigten Utensilien automatisch die persönliche Grenze dieser Person. Wenn sie eine minimalistische Lebensphilosophie besitzt, dann soll sie sich meiner Meinung nach auch als Minimalist bezeichnen dürfen.

Ausmisten kann süchtig machen!

Mir ist noch ein anderer Trend aus Erfahrungsberichten aufgefallen, den ich gut nachvollziehen kann: Der positive Gefühlsrausch, den man nach einer Ausmist-Aktion haben kann, kann süchtig machen. Irgendwann hat man alles durchforstet - vielleicht schon zum zweiten oder dritten Mal. Es ist ja ein Prozess, der sich über einen längeren Zeitraum ziehen kann, in dem man auch erstmal lernen muss, sich von Dingen zu trennen. Mit der Zeit fällt es einem leichter und man wird mutiger und zuversichtlicher, dass man die richtige Wahl trifft. 
Manche berichten dann, dass sie zu spät aufgehört haben und es mittlerweile bereuen, dass sie dadurch viele nützliche oder persönlich wertvolle Dinge entsorgt haben. Ich musste gestern schmunzeln als eine Youtuberin erzählt hat, dass sie als ehemalige Handtaschensammlerin am Ende eine Einkaufstüte als Handtasche benutzen musste, weil sie alles radikal weggegeben hatte. Sie hat sich dann wieder eine Tasche für die Schule kaufen müssen, weil es sich als wenig praktikabel für sie rausgestellt hat.

Minimalismus und seine Grenzen

Manche Menschen fühlen sich von ihrem Besitzt förmlich "erschlagen" und wünschen sich mehr Freiraum - durch weniger Gegenstände aber auch durch weniger Verpflichtungen, die damit verbunden sein können. Der Ausmistprozess führt mit jeder Aktion erst Mal zu Glücksgefühlen durch die Erleichterung und das Erfolgserlebnis. 
Aber mit der Zeit werden die aussortierten Mengen immer kleiner und seltener und damit verbunden auch die Ausschüttung von Glückshormonen. Wenn man dann "endlos" versucht mehr und mehr Dinge in der Wohnung zu finden, kann das Glücksgefühl in Unzufriedenheit umschlagen. Es kommt dann vielleicht auch häufiger vor, dass man bereut, etwas weggegeben zu haben. 

Um dies zu verhindern, versuche ich diesen Ausmistprozess über längere Zeit zu ziehen. Langsam. Nach und nach. Kategorie für Kategorie. Dann wird man nicht so leicht mitgerissen und kann eher in sich hineinspüren, wann es genug ist.


Der schwierigste Teil: Was mache ich jetzt mit der gewonnenen Zeit und Identität?

Stell Dir nun vor, Du hast allen Ballast abgeworfen. Hast sogar Dein Fantasy-Self in die Wüste geschickt (beschrieben im letzten Artikel). Was nun? Wohin mit Deiner Zeit, Aufmerksamkeit und Energie? 
Ich glaube, hier kann für manche die "Katerzeit" beginnen. Manche Menschen sind es nicht gewohnt, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Jetzt kann man sich nicht mehr hinter seinen Sachen "verstecken" oder sich mit sinnlosen Käufen online oder in Geschäften ablenken. Man hat Zeit. Man könnte jetzt in die Falle alter Verhaltensmuster tappen: zum Beispiel wieder shoppen gehen oder man könnte jetzt anfangen, die Dinge anderer Leute auszumisten (Partner oder Eltern). Aber war das Sinn der Sache? Ich denke, hier steckt die Chance, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Etwas für seine Gesundheit zu tun oder wieder mehr Zeit mit seinen Liebsten zu verbringen. Oder sich für andere zu engagieren. Die Glücksforschung zeigt ganz klar, dass es uns selbst glücklich macht, anderen zu helfen. 
Ich denke, dass Minimalismus nicht das Allheilmittel für alle Probleme ist (so wie es manche darstellen), es ist eine Haltung, die Techniken enthält, unser Leben zu vereinfachen. Aber dann beginnt die eigentliche Arbeit erst, auch etwas Sinnvolles oder Positives mit seiner Zeit anzufangen.

Hör also immer mal zwischendurch in Dich hinein, ob Du noch auf dem richtigen Weg bist und es Dir gut tut. Denn auch in diesem Sinne: Weniger ist mehr...