Sonntag, 19. November 2017

Der Beginn meiner Reise zum Minimalismus: Die KonMari-Methode - Teil 1

Kleines Buch - große Wirkung

Mittlerweile ist Marie Kondo weltweit bekannt und ihre sog. KonMari-Methode wurde sogar bei den neuen Folgen der Gilmore Girls veräppelt. Ich habe schon vor einigen Jahren ihr erstes Buch "Magic Cleaning: Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert" auf mein Kindle geladen und - kaum zuende gelesen - gleich mit dem Ausmisten begonnen. Wir waren damals aus dem Studentenwohnheim in unsere erste gemeinsame Wohnung nach Frankfurt gezogen. Obwohl wir mehr Platz hatten als vorher, platzten meine Schränke und Regale schon nach kurzer Zeit aus allen Nähten. Relativ kurz nach unserem Einzug fassten wir auch schon den Entschluss, in eine größere (und vor allem ruhigere) Wohnung zu ziehen. 
In Frankfurt kann die Wohnungssuche jedoch ein paar Monate dauern, daher bekam ich sowohl das Bedürfnis, noch in der "alten" Wohnung mehr Platz zu schaffen als auch schon mal unnötigen Ballast vor dem Umzug loszuwerden. Ich war damals recht erfolgreich damit, hatte insbesondere meine Kleidung aussortiert und dadurch wieder etwas mehr Platz im Schrank geschaffen. 

Der Effekt verpuffte jedoch schnell als wir in eine wesentlich größere Wohnung gezogen sind mit deutlich mehr Stauraum. Das Gefühl, dass man genügend Platz hat und nichts mehr unordentlich rum liegt, ist in den zwei Jahren, die wir hier wohnen, merkwürdigerweise recht schnell verflogen. 

Das hat mich sehr zum Nachdenken angeregt. Die Zahl meines Besitzes wächst scheinbar stetig mit meinem Platz oder sogar darüber hinaus. Mein bisheriger Lösungsansatz, mehr Stauraum anzuschaffen, scheint mein Problem also nicht dauerhaft zu lösen. Da muss was passieren.

Wenn ich mir meine letzten Blog-Einträge hier ansehe, entdecke ich einen roten Faden, der mir vorher gar nicht so bewusst war. Ich folge seit einigen Monaten zunehmend mehr Youtube-Kanälen, die sich mit dem Thema Minimalismus beschäftigen. Auch hier stoße ich dabei immer wieder über die KonMari-Methode, die in der Minimalismus-Szene neben anderen bewährten Ausmist-Methoden zu den Klassikern gehört. Da dieses Thema scheinbar einen immer größeren Stellenwert in meinem Leben einnimmt, wollte ich über den Prozess schreiben und Euch rückblickend an meinen Erfahrungen teilhaben lassen. 

Da dieses Buch einen Prozess ins rollen gebracht hat, möchte ich hier kurz das von Marie Kondo propagierte Vorgehen  zusammenfassen. Es liegt eine Weile zurück, dass ich das Buch gelesen habe. Daher hier nur die Punkte, die für mich wichtig geworden sind und die sich nach meiner Erfahrung bewährt haben. Was die KonMari-Methode von meinen vorherigen Versuchen, meine Wohnung aufzuräumen, unterscheidet, ist ihre zum Teil ungewohnte japanische Mentalität, die dahinter steckt. Bei ihrem Vorgehen fragt man nicht, das weg soll, sondern was soll bleiben! "Does it spark joy?" ist ein typisches Zitat aus dem Buch, dazu aber gleich mehr. 

1. Schritt: Man geht nicht nach Zimmern vor sondern nach Kategorien

Man fängt also nicht mit dem Schlafzimmer an und arbeitet sich von einer Ecke rundum durchs ganze Zimmer, sondern man geht verschiedene Kategorien durch. Hierbei schlägt sie eine konkrete Reihenfolge vor. Man beginnt mit Kleidung, die man in Unterkategorien unterteilen kann und nach meiner Erfahrung nach auch sollte. Man beginnt mit Oberteilen. Hier kann man zum Beispiel nochmal nach Tops, T-Shirts und langärmlig (Blusen, Pullover) unterteilen. Dann arbeitet man sich sukzessive durch alle Kleidungskategorien inkl. Schmuck und Accessoires durch.

2. Schritt: Alles herausnehmen

Der besondere Effekt ist der, dass man alle Teile der Kategorie aus den Schränken nimmt und sie auf einen Haufen legt. Auf den Boden oder auf das Bett, spielt keine Rolle. Dazu sucht man alle Teile dieser Kategorie aus der gesamten Wohnung zusammen. Nicht nur, was sich in dem Schrank oder Raum befindet. Wirklich alles, was man besitzt. Der Schock-Effekt, wie viel man eigentlich besitzt, hatte auf mich eine wachrüttelnde Wirkung. Nur so wird einem wirklich bewusst, wie viel man eigentlich besitzt. In der Regel haben wir mehr, als wir eigentlich bräuchten und als wir tatsächlich regelmäßig nutzen.

Meine Erfahrung: Ich merke einen deutlichen Unterschied, ob ich beispielsweise in meinem Bücherregal nur durchforste, was weg kann, indem ich nur davor stehe und die Buchrücken lese. Oder ob ich im Vergleich dazu wirklich alle Bücher herausnehme, das Regal abstaube und dann nur das zurückstelle, was bleiben soll. Ich bin dann viel wählerischer, was in meinem frisch geputzten Regal wieder ein Zuhause finden soll.

3. Schritt: Alles einzeln in die Hand nehmen und fragen: Macht es mich glücklich?

Dann kommt Maries berühmte Frage zum Einsatz "Does it spark joy?", was man übersetzten kann mit "Macht es mich glücklich?" oder "Löst es in mir Freude aus?". Dazu soll man jedes Teil einzeln in die Hand nehmen, sich diese Frage stellen und auf seine emotionale und körperliche Reaktion achten. Wirkt vermutlich erstmal befremdlich auf unsere westliche Mentalität - aber es funktioniert! Wenn man es schafft, sich darauf einzulassen, übt man mit der Zeit, in sich hineinzufühlen, was dieser Gegenstand in uns auslöst: Freude, Gleichgültigkeit oder vielleicht sogar negative Erinnerungen. Und Ihr kennt es ja vielleicht auch. Wenn ich etwas geschenkt bekomme, auf das ich mich schon länger freue zum Beispiel. Wenn ich das geliebte Teil endlich in den Händen halte, dann ist meine Reaktion anders als bei den ungeliebten Geschenken, bei den man vielleicht sogar vortäuschen muss, dass es einem gefällt. Man lächelt Freude strahlend und drückt den Gegenstand vielleicht sogar ans Herz im Gegensatz zu einem gequälten Lächeln, während man das Teil nur mit den Fingerspitzen halten möchte.
Diese Frage ist der Schlüssel zur KonMari-Methode. Das Ziel ist, am Ende nur von Dingen umgeben zu sein, die man liebt bzw. die einem Freude bereiten. Was für ein schöner Gedanke.

Bei Nutzgegenständen wie einer Zahnbürste muss man die Frage für sich natürlich anpassen. Zum Beispiel, ob es nützlich ist. Und ja, wenn ich meine Zähne nicht putzen könnte, wäre ich ziemlich unglücklich. Und eine alte, verbrauchte Zahnbürste mit verbogenen, verfärbten Bürstenhaaren löst in mir weniger Freude aus, als eine neuere Zahnbürste.
Wer sich mit dieser Frage schwer tut, oder wer gerade zu Beginn noch nicht die Reaktionen seines Körpers lesen kann, der kann sich natürlich auch weitere Alternativ-Fragen stellen. Gerade bei Härtefällen, nehme ich sie auch unterstützend zur Hilfe. Hier einige Beispiele:
  • Würde ich diesen Gegenstand/Kleidungsstück heute wieder neu kaufen?
  • Wann habe ich es das letzte Mal benutzt/getragen?
  • Wie schwer/leicht ist es, das Teil zu ersetzten, falls man es doch noch mal brauchen sollte?  Manche nehmen hierzu das Maß: in 20 Minuten unter 20 Euro ersetzbar? (z.B. Schrauben)
  • Würde sich jemand anderes mehr darüber freuen als ich?

4. Schritt: Auf die richtige Reihenfolge kommt es an

Nach der Methode beginnt man mit den Kategorien, die einem leichter fallen. Das ist in der Regel Kleidung. Dann arbeitet man sich mit zunehmender Übung und Selbstsicherheit in immer schwierigere Kategorien. Als nächstes kommen Bücher, dann Dokumente/Papiere. Dann die umfassendste Kategorie "Verschiedenes", darunter fallen zum Beispiel Küchenutensilien, Werkzeug, Pflegeprodukte im Bad, Dekoartikel, Koffer sowie Elektrogeräte. Gerade hier sollte man mit Unterkategorien arbeiten. Am Schluss kommt dann die schwierigste Kategorie: Erinnerungsstücke. Hierzu gehören Fotos, Tagebücher, Briefe, Souveniers und Geschenke. Mittlerweile findet man hierzu viele nützliche Listen mit Unterkategorien im Internet (z.B. Pinterest).

Gerade in der schwierigen Kategorie hat sie hilfreiche Denkanstöße, die es mir erleichtert haben, mich von Dingen zu trennen. Manchmal hat man etwas geschenkt bekommen, was einem in dem Moment sehr gefreut hat. Mit der Zeit gefällt es einem aber nicht mehr so sehr und man benutzt es kaum noch. Man fühlt sich irgendwie verpflichtet es zu behalten, weil es doch ein Geschenk war. Man kann doch keine Geschenke weiter verschenken oder verkaufen? Hier hat mir ihr Ansatz geholfen. Der Gegenstand hat seinen Sinn erfüllt. Der Sinn war, mir damals eine Freude zu bereiten, was es auch getan hat. Jetzt hat es seinen Sinn erfüllt und kann gehen. 
Dieser Satz hat mir auch bei Fehlkäufen bei Kleidung geholfen, die ich nie getragen habe. Dafür hab ich doch Geld ausgegeben und hatte es noch nie an. Vielleicht kommt die passende Gelegenheit ja noch! Auch dieser Gegenstand hat seinen Sinn erfüllt. Er hat mir gezeigt, dass die Farbe mit nicht steht oder der Stil nicht zu mir oder meiner restlichen Garderobe passt. Es hat mich gelehrt, in Zukunft beim Kauf mehr auf die richtigen Auswahlkriterien zu achten. So habe auch ich es geschafft, mich davon zu trennen und es löst beim Anblick kein schlechtes Gewissen mehr aus und verstopft mir nicht mehr den Kleiderschrank. Und wer weiß, ein anderer hat sich darüber vielleicht sogar gefreut.

5. Schritt: Alles bekommt einen festen Platz zugewiesen

Damit diese Methode nachhaltig zu Ordnung und Freude beiträgt, bekommt im letzten Schritt alles einen festen Platz zugewiesen. Daran erkenne ich zum Beispiel auch, dass es wieder Zeit wird, meine Sachen durchzusehen. Immer dann, wenn sich neue Stapel und Haufen in der Wohnung bilden mit Dingen, die da eigentlich nicht hin gehören. 
Außerdem merke ich bei manchen Gegenständen, bei denen ich mir unsicher bin, ob ich sie behalten will, erst in diesem Schritt, dass ich dafür eigentlich keinen richtigen Platz finde. Das passiert mir vor allem bei Deko-Gegenständen.

Weitere Tipps

Auf eine wichtige Regel möchte ich noch hinweisen: Man sollte nur seine eigenen Dinge ausmisten! Dinge des Partners sind ohne die jeweilige Zustimmung absolut Tabu! Das kann ich nur bestätigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Partner mitmacht, sinkt extrem, wenn er oder sie ständig Angst haben muss, dass seine/ihre Sachen heimlich verschwinden. 
Ich habe einen Gegenteiligen positiven Effekt beobachtet, der auch von anderen beschrieben wird: Man kann andere nicht zu der Methode bekehren, ABER das Aufräumen und Ausmisten scheint ansteckend zu wirken. Gerade erst am Wochenende habe ich meine Bücher ausgemistet und mein Mann war so nett mir beim Wegbringen der schweren Ausbeute zu helfen und hat selbst einige Bücher zum Spenden mit dazu gelegt. Und vielleicht ist es nur Zufall, aber sein Büro sieht heute irgendwie ordentlicher aus als sonst?

Ihr findet auch ganz viel dazu im Internet in Blogs und vor allem bei Youtube. Auch Videos von Marie Kondo selbst sind ganz unterhaltsam und bringen alles nochmal auf den Punkt. Es lohnt sich. Weitere Erfahrungen und Auswirkungen werde ich in einem separaten Blogeintrag berichten. 

Also fröhliches Ausmisten!!

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