Sonntag, 24. November 2013

Angst zu wachsen?

Und wovor fürchtest DU Dich?

Ich bin diese Woche meine Lesezeichen in meinem Internetbrowser durchgegangen und bin auf ein Video von Robin Scharma gestoßen, das passend zum bevorstehenden Jahresende "The 4 Habbits To Make 2013 awsome" heißt - also vier Gewohnheiten die das nächste Jahr (die Jahreszahl ist irrelevant) großartig werden lassen. Als Coach berät er seine Klienten, wie man sich Ziele setzt und konsequent an der Umsetzung dran bleibt. Ohne jetzt den gesamten Inhalt wiedergeben zu wollen, hat mich der Anfang schon nachdenklich gemacht. Der erste von vier Schritten besteht darin, sich einen "One-Page-Plan" zu erstellen, also eine Liste mit meinen Zielen und Visionen für nächstes Jahr auf eine Seite zu schreiben. Mit Zielen meint er eine "magnificent obsession" also eine herrliche Obsession oder Leidenschaft, die man hegt. Man soll sie auf nur eine Seite zusammenfassen, damit man seine Ziele immer vor Augen haben kann und sich auf seine Vision fokussieren kann. Da stieß ich schon auf mein erstes Hindernis, was sind denn meine Ziele fürs nächste Jahr, sowohl beruflich als auch persönlich. An der Stelle könnte ich das Video gleich wieder stoppen, die nächsten Schritte bauen ja auf dem ersten auf. 

Warum kann ich spontan keine richtigen Ziele für nächstes Jahr nennen? Muss ich überhaupt welche haben? Nein, war meine spontane Reaktion. Wenn ich keine habe, dann wohl, weil ich keine will. Aber was mache ich dann nächstes Jahr überhaupt? Womit fülle ich meine Zeit (sinnvoll)? Wenn ich keine Ziele habe, warum habe ich mir dann das Video überhaupt abgespeichert? Und wenn ich ehrlich bin, macht es mich zur Zeit ein wenig unzufrieden, dass ich viele Projekte angefangen habe, aber nicht die Energie habe, sie mit der Inbrunst weiterzuführen, mit der ich sie begonnen habe, vor allem im privaten Bereich. Mein Blog (letzter Post ist drei Monate her), meine Kartengestaltung liegt auch schon lange brach, im Regal stehen viele Bücher, die ich immer noch nicht gelesen habe, angefangene Fotobücher, mein Vorhaben wieder mehr Zeichnen zu üben läuft auch eher schleppend. Das Fotografieren habe ich dieses Jahr als einziges Hobby konsequent entwickelt, hätte aber mit mehr Fokus tatsächlich schon weiter sein können (inklusive meiner Fähigkeiten in der Bildbearbeitung)... Was genau will ich eigentlich? 


Als ich das Video weitergeschaut habe, kam mir ein neuer Gedanke. Er geht auf den Sinn von herausfordernden Zielen ein, warum man seine Grenzen erforschen sollte. " The more you go to the edge of your limits, the more your limits will expand." Also je mehr ich meine Grenzen ausreize, desto weiter werden sich meine Grenzen ausdehnen. "Your previous limits, will be your new normal." Meine bisherigen Grenzen werden also zu meinem neuen Normalzustand. Macht Sinn, und wenn ich zurückblicke, kann ich dem nur zustimmen. Wenn man immer nur in seiner Komfortzone bleibt - also innerhalb der Grenzen, in denen man sich sicher und wohl fühlt, in denen man kein Risiko eingeht, dann bleibt alles wie es ist. Keine Veränderung, kein Wachstum findet statt. Ich bin immer nur gewachsen, wenn ich mich aus dieser Wohlfühlzone rausgewagt habe, mich neuen Herausforderungen gestellt habe - wenn auch nicht immer freiwillig. Als ich meinen alten Beruf an den Nagel gehängt habe, um 350 km von meinem bisherigen Wohnort entfernt zu studieren, hat es mich während der Entscheidungsfindung einige schlaflose Nächte gekostet. Es muss gar nicht so etwas großes sein. Ich erinnere mich noch an meine erste Motorradfahrt als Beifahrer. Ich habe mich so eng an den Fahrer gekrallt, dass bei jeder Bremsung unsere Helme aneinander gehauen sind. Aber ich habe mich der Angst gestellt und ein paar Fahrten später habe ich - laut Kommentar des verwunderten Fahrers - in den Schräglagen bei engen Kurven nicht mal mehr gezuckt. Die alte Grenze wurde der neue Normalzustand. So weit, dass es mir nicht mehr gereicht hatte, hinten nur als Beifahrer zu sitzen, ich habe dann selbst den Führerschein nachgeholt. Was mir ein paar Wochen vorher nicht mal im Traum eingefallen wäre. Und wenn man ein bisschen nachdenkt, fallen wohl jedem eigene Beispiele ein. 
Auch wenn es auf dem Weg manchmal zu Zweifel kommt, wenn man etwas Neues wagt. In Prüfungsphasen habe ich oft geflucht und mich gefragt, warum ich mir das alles überhaupt antue. Auch als ich den Motorradführerschein gemacht hatte, hatte ich Phasen, in denen ich alles am Liebsten hinschmeißen wollte. Ich war ziemlich klein für die Größe der Maschine und konnte gerade mal mit den Zehenspitzen den Boden berühren. Das bedeutete, dass bei jedem kleinen Fehler ich schon im Stand umkippte und unter der Maschine lag. Was mir neben blauen Flecken auch noch spöttische Kommentare meines Fahrlehrers eingebracht hatte. Und die Angst beim Halten auf abschüssigen Straßen oder unebenem Untergrund keinen Boden unter den Füßen zu haben, hat mich so verkrampft, dass ich in engen Stellen bei den Übungen erst recht Fehler gemacht habe und mich noch weniger getraut habe.Aber wie stolz ich war, als ich dann endlich den Schein bzw. das Diplom in den Händen hielt. Gar nicht mal auf das Ergebnis sondern auf mich selbst, weil ich trotz Zweifel bis zum Ende durchgehalten habe. Und im Nachhinein kann ich gar nicht verstehen, warum ich mir das vorher nicht zugetraut hatte.
Um zurück zum ursprünglichen Thema zu kommen, habe ich deswegen keine nennenswerten Ziele für nächstes Jahr? Habe ich nur wieder Angst, mich neuen Aufgaben zu stellen bzw. Veränderungen zuzulassen? Traue ich mir wieder zu wenig zu? Woran erkenne ich, ob ich mich in der Komfortzone ausruhe? Robin Scharma meint dazu "If you're not scared - you're not growing!" Wenn Du keine Angst verspürst, dann wächst Du nicht! 



Und da ist meine Antwort. Wenn ich an nächstes Jahr denke, dann verspüre ich keine konkreten Befürchtungen oder Zweifel. Im April beende ich zwar meine Coaching-Ausbildung, wenn alles gut läuft, aber die herausfordernden Meilensteine hierzu habe ich bereits in diesem Jahr erreicht. Das war mein herausforderndes Ziel für 2013. Und auch hier habe ich mich zwischendurch wieder gefragt, ob ich es schaffe bzw. warum ich mir den ganzen Aufwand eigentlich neben der Arbeit zumute. Und rückblickend kann ich jetzt schon sagen, dass mir diese Ausbildung so viel gegeben hat. Ich habe tolle neue Menschen kennengelernt. Habe viel über mich und meine Grenzen, Stärken und Schwächen erfahren. Und ich meine behaupten zu können, dass ich wieder ein kleines bisschen gewachsen bin. Die alten Grenzen sind der neue Normalzustand geworden.
Ich weiß noch nicht, welches meine Ziele für 2014 sein werden. Na ja, zumindest ein Ziel habe ich schon mal: Herausfinden, in welche Richtung ich noch ein bisschen wachsen will. Sei es im beruflichen Bereich, im persönlichen, familiären oder im kreativen Hobby-Bereich. Wir werden sehen - aber ich freue mich schon darauf es herauszufinden. Ich wünsche Euch jetzt schon mal ein spannendes 2014 und den Mut die eigene Wohlfühlzone zu verlassen und neues Terrain zu erkunden. Es lohnt sich.